вторник, 28 апреля 2015 г.

Aquarell-Tattoos

Aquarell-Tattoos

Aquarelle haben ihren Siegeszug angetreten und sind aus der Tattoo-Welt nicht mehr wegzudenken. Federleicht schmiegen sie sich an den menschlichen Körper: Die Leichtigkeit des tatowierten Seins!


(l) »Aquarellzoo« nennt Wiebke aus dem Studio Donna Tinta in Werl ihre Tierporträts. Wichtig ist ihr, dass das Porträt eindeutig zu erkennen ist. (r) KDie Katze von Marcin Surowiec (Mailand, IT) weckt nicht nur wegen des Tiermotivs Erinerungen an Arbeiten des deutschen Malers Franz Marc. Tätowierer wie Maler verwenden die Stilelemente des Kubismus inklusive der Aquarelltechnik, ohne den Gegenstand vollständig aufzulösen.




Hier ein Klecks,
da ein paar Spritzer, ein nach unten laufender Farbtropfen, blass-helle Farben, das Motiv lediglich mit ein paar schwarzen Strichen angedeutet. »Soll das eine Tätowierung sein?«, fragen sich diejenigen, die dem klassischen Tätowierstil verbunden sind und auf klare, das Motiv sauber umfassende Outlines setzen, die auf Farben schwören, die satt und deckend in der Haut liegen. »Die Tattoos halten doch nie, und überhaupt ist dieser Stil nur eine modische Erscheinung, über die in nur wenigen Jahre nur noch in der Vergangenheitsform als Verirrung gesprochen wird«, so die Kritiker.


(l) Solche minimalistischen Aquarelltattoos brauchen Platz, um zu wirken! Tattoo von Niko Inko (Belly Button Tattoo Shop, Perpignan, FR). (r) Grafischer Schädel mit dezent gesetzter monochromer Kolorierung von Matt Hunt (Modern Body Art, Birmingham).


Mit der Haut verschmolzen

Nie haben sich Tätowierer bei ihrer Tätowiertechnik so krass in zwei gegensätzliche Richtungen gewagt wie heute. Auf der einen Seite sehen wir frisch gestochene Tätowierungen mit Outlines, die so breit sind, als hätte ein alter Seebär sich in den letzten 30 Jahren nur mit Salzwasser geduscht und die Haut in der Sonne trocknen lassen. Und auf der anderen Seite: Nichts! Keine schwarzen, das Motiv umgrenzende Linien mehr, die Farben wässrig-blass. Ein Motiv, das auf der Haut zu schweben scheint, gerade so, als wäre es mit Wasserfarben aufgemalt. Und genau das ist es, was Tätowierer mit dem so genannten Aquarell-Tattoo erreichen wollen. Diese neue, immer populärer werdende Stilrichtung verzaubert viele Tattoofans eben weil sie nicht wuchtig die Haut mit einem Bild dominiert, sondern eher mit ihr zu verschmelzen scheint.


(l) Es muss nicht immer pastellig sein. Carola Deutsch (Decasa Tattoo, Graz) setzt auf die Signalfarbe Rot und deren Wirkung. (m) Ein Feuerwerk der Farben entfacht Ivana (o.t.r.). (r) Männertattoo in Dunkelblau, Lila, Türkis und als Akzent geht auch Rosa. Tattoo von Gábo aus dem Studio Spatz mit Hirn Tattoo Art in Sasbach.




»Es geht nur um den Effekt«


Die Inspiration für diesen Stil kommt aus der Bildenden Kunst, wo sich die Maltechnik auch erst zu einem eigenen, anerkannten Genre entwickelt hat. Den Weg der Anerkennung geht dieser Stil momentan auch in der Tätowierszene. Die Initialzündung in Deutschland waren die Arbeiten zweier tschechischer Tätowierer, Ondrash (TätowierMagazin 12/2010) und Lukáš Musil, die mit den Aquarell-Tattoos das große Staunen und auch eine Kontroverse auslösten. Während Ondrash noch heute als einer der Meister in diesem Stil angesehen wird, der in einer einzigartigen Weise das Tattoo wirken lässt, als wäre die Haut mit fließender Wasserfarben bemalt, hat sich Lukáš Musil von dieser Episode verabschiedet: »Ich habe vor circa fünf Jahren mit Aquarell-Tätowierungen experimentiert. Bei Aquarell-Tattoos geht es nur um den Effekt, nur um die Schönheit, nicht um Wahrhaftigkeit. Heute experimentiere ich in eine andere Richtung, an therapeutischen Tätowierungen. Ich experimentiere mit Akupunktur-Punkten, versuche den Sinn zu ergründen. Tattoos sind mehr als Schönheit und Aquarelltattoos nur Mode«, erklärte er dem TätowierMagazin.


Viele grafisch arbeitenden Tätowierer wie Live2 aus dem Züricher Studio Ghiai Tattoo Studio kombinieren ihren Stil mit der Aquarelltechnik.

(l) Kein Schutz vor dem bunten Regen bietet der Regenschirm bei Emrah vom Studio Laubub Tattoo (Heilbronn). (r) Viele grafisch arbeitenden Tätowierer wie Live2 aus dem Züricher Studio Ghiai Tattoo Studio kombinieren ihren Stil mit der Aquarelltechnik.


Moment des Zufalls

Aus der Mode sind Aquarell-Tattoos sicherlich noch nicht. Und dass sich Menschen mit Tätowierungen schmücken wollen, auch kein überholter Ansatz. Damit Aquarell-Tätowierungen als Tattoo funktionieren, sprich, eine ähnliche Wirkung erzeugen wie beim gemalten Bild, muss sich der Tätowierer mit der Maltechnik dieser Gattung auseinandersetzen. Es ist eine vollkommen andere wie sie beim Tätowieren angewandt wird: Anstatt eines weichen Pinsels, Wasserfarben und einer saugfähigen Unterlage stehen dem Tätowierer eine mit starren Nadeln arbeitende Tätowiermaschine und die menschliche Haut zur Verfügung, die mehr oder weniger willig ist, die Pigmente aufzunehmen und auch langfristig zu behalten. Mit vollkommen unterschiedlichem Arbeitsmaterial soll aber dieselbe Wirkung erzielt werden: Sie beruht auf der Leuchtkraft der Farben, auf weich fließende und in der Intensität changierenden Farbflächen, auf Farbüberlagerungen bis hin zum Auflösen der Formen, so dass Licht- und Farbvisionen entstehen. Der Moment des Zufalls, der durch das Zusammenfließen der Farben entsteht, durch das Aufeinandertreffen von trockener und nasser Farbe, muss der Tätowierer im Vorfeld planen und ganz bewusst einarbeiten. Alles zusammen soll auf der Haut ein Bild von schwebender Leichtigkeit erzeugen.


Aquarell mit asiatischem Touch. Tattoos von Petra Hà Hlavackova (Prag).
Archiv TätowierMagazin

(l) Aquarell mit asiatischem Touch. Tattoos von Petra Hà Hlavackova (Prag). (r) Im Aquarell-Stil lässt sich durch ungleichmäßige Außenlinien viel Bewegung erzeugen. Tattoo von Ondrash aus Znaim in Tschechien.




Aquarell: Zieht die Frauen an


Die Tätowierer profitieren sicherlich von der Farbbrillanz der heute zur Verfügung stehenden Farben. Die Leuchtkraft, die durch die Transparenz der Wasserfarben auf weißem Papier erzeugt wird, ist in vergleichbarer Intensität vor allem bei zarter, nicht sehr stark pigmentierter Haut zu erreichen. Damit dieser schöne Effekt auch auf Dauer erhalten bleibt, sollte der Träger besonders darauf achten, dass die tätowierte Haut nicht zu stark der Sonnenbestrahlung ausgesetzt wird. Körperstellen, die in der Regel von Bekleidung bedeckt sind, eignen sich demzufolge auch besser als beispielsweise der Unterarm.

Prinzipiell fühlen sich auch eher Frauen von diesem Stil angezogen, Aquarelltattoos wirken nicht plakativ und dominant, sondern filigran und leicht. Die Pastelltöne werden als feminin interpretiert, die offene Gestaltung des Motivs mit relativ großen Anteilen an nicht-tätowierter Haut unterstützen diese Empfindung. Männer sind zwar in der Minderheit, aber nicht ausgeschlossen. Maskulin erscheint eine Tätowierung vor allem über die Farbwahl. Auf Farbklischees vertrauend, dominieren bei Männern die Farben Blau, Violett und Dunkelgrün, bei Frauen überwiegen Rosa/Magenta, Hellgrün, Türkis.


Aquarellmalerei
Um die Aquarellmalerei zu verstehen und den Effekt auf eine Tätowierung übertragen können, sollte der Tätowierer wissen, wie diese funktioniert. Die Wirkung der Aquarellbilder beruht auf dem Zusammenspiel der Arbeitsmaterialien und der Maltechniken: Mit einem weichen Pinsel, saugfähigem Papier und Wasserfarben werden in den Techniken des Lasierens, Lavierens oder Granulierens Bilder geschaffen, die eine besondere Leichtigkeit und Farbbrillanz aufzeigen. Diese Strahlkraft wird durch die Transparenz der Farben erreicht: das Licht wird nicht von der Oberfläche der Farbschicht reflektiert, sondern vom weißen Malgrund durch die Farbe hindurch, die Farben werden quasi hinterleuchtet.
Eine weitere Besonderheit sind auch die Flächenbegrenzungen: durch die weichen Farbverläufe ist eine scharfe Abgrenzung der Motivelemente so gut wie unmöglich. Die dadurch entstandene Unschärfe ist Kern der Bildwirkung.
Um so stärker muss der Maler auf die Farbwahl achten. Es gibt natürlich keine zwingend einzuhaltende Regel. Um eine harmonische Wirkung des Bildes zu erhalten, arbeiten viele Aquarellmaler nicht mit den Komplementärfarben (Farbmodell nach Goethe: Grün – Rot, Blau – Orange, Gelb – Violett), sondern kombinieren mit verwandten Komplementärkontrasten, also Farben, die sich nur zu einem Teil aus der Komplementärfarben zusammensetzen. Grün also nicht mir Rot, sondern mit Violett oder Orange, die beide Rot enthalten. Oder Blau nicht mit dem Komplementär Orange, sondern mit Englischrot, das einen Stich ins Orange geht. Und Gelb nicht mit Violett, sondern eher mit Blau und Grün – alle drei enthalten Blau.

Das A und O der Aquarelle

Eine besondere Wirkung entfaltet dieser Stil, wenn das Motiv sich großflächig über ganze Hautpartien erstreckt, und auch Körperteile miteinander verbindet. Es liegt in der Technik selbst, dass kleinere Details über Farbe nicht herausgearbeitet werden können. Damit die Tätowierung wirkt, braucht sie Raum, der Körper muss Teil des Ganzen sein. Dieses gestalterische Element ist bei Aquarelltattoos das A und O und erfordert ein gutes grafisches Gespür des Tätowierers. Es überrascht nicht, dass vor allem solche Tätowierer mit der Aquarelltechnik arbeiten, die eine hohe Affinität zum grafischen Stil haben. So geht momentan die Entwicklung hin zu einer Kombination aus Grafik und Aquarell. Das Motiv wird mit schwarzen Linien mehr oder weniger grob skizziert wird, und die farbliche Ausgestaltung erfolgt dann im Stil der Aquarelltechnik. Damit gehen die Tätowierer eigentlich zurück zu den Ursprüngen der Wasserfarbenmalerei, ins 9. Jahrhundert, als lasierende Farben zum Kolorieren von Tuschezeichnungen und Holzschnitten verwendet wurden. Wasserfarben dienten der Ausgestaltung von Zeichnungen und erst im 18. Jahrhundert wurde aus der Maltechnik ein eigenes Genre.

Mit der Kombination aus Grafik- und Aquarell-Stil zollen die Tätowierer auch dem Thema Haltbarkeit ihren Tribut. Und sind damit auch weitestgehend aus der eingangs zitierten Kritik heraus, Aquarell-Tattoos würden nicht halten, da die Farbkontraste nicht stark genug seien. Dass sie extrem dekorativ wirken, ist ihnen nicht wirklich zum Vorwurf zu machen, ob sie eine modische Eintagsfliege sind, werden die kommenden Jahre zeigen.


Text: Heide Heim

Bilder: TM-Archiv



Original article and pictures take tattoologist.nataliehanks.com site

Комментариев нет:

Отправить комментарий